„Atheistisches Christentum“ als Zielvorgabe von „Kirchenmodernisierern“

(Fortsetzung) Im ersten Teil haben wir festgestellt, dass der katholische Glaube heute oft in modernistischer Taktik durch Umdeutung seines Sinnes entleert wird. Für den Gläubigen ist es wichtig, sich mit dieser Art von neuem „Glauben“ auseinanderzusetzen, der nach außen hin christliche Begriffe beibehält, sie aber ihres eigentlichen Sinnes beraubt. Nur so wird man sich nicht durch eine neue Art von „Katechese“, der Katholiken seit Jahrzehnten ausgesetzt sind, in die Irre führen lassen.
Wir haben Taktik und Auswirkungen von „Neuformulierungen“ unter heutigen „Gläubigen“ an Äußerungen des in Tirol wirkenden Roger Lenaers SJ aufgezeigt, der als „katholischer“ Priester und Ordensmann in den letzten Jahren durch seine Bücher, die in zahlreichen Sprachen erscheinen, aber auch durch Vorträge in „katholischen“ Bildungshäusern, in „katholischen“ Pfarrgemeinden oder jüngst wieder auf Bildungstagen einer Dekanatskonferenz in Eben am Achensee vor „katholischem“ Publikum seine Ideen verbreitet und für ein „atheistisches Christentum“ wirbt.
Roger Leaners SJ lehnt Gott, der die Welt unabhängig erschaffen hat und sie so lenkt, als eine nicht ins moderne Weltbild passende Vorstellung ab. Von diesem merkwürdigen Grundsatz ausgehend soll nach ihm von nun an die Schöpfung und mit ihr der Mensch „autonom“ gedacht werden, es sollen und brauchen angeblich keine von außen wirkende Tätigkeit oder Gesetze Gottes mehr anerkannt werden.
In diesem Sinn wird „ Atheismus“ propagiert, dem sich moderne Christen verschreiben sollen, um mit der Welt von heute noch geistig mithalten zu können. Doch selbst der Umgang mit den Worten „Theismus“ oder Gottesglaube und „Atheismus“ ist schillernd und zeigt eine Umdeutung aller Begriffe. Zwar spricht Lenaers von einer Art „Urliebe“ und sogar von „Schöpfung“, bekennt sich andererseits aber offen zum „Atheismus“ der Moderne, stellt seine Weltsicht jedoch eher pantheistisch dar, so, als ob die Welt einfach Selbstentfaltung des Göttlichen wäre, um dann wieder auch den „Pantheismus“ scheinbar zu verwerfen.
Gott entfaltet sich nach den Ausführungen von Pater Lenaers in der Evolution der Welt, wie ein Kunstwerk, das ein Künstler aufführt, bei dem beide, Künstler und Kunstwerk nicht voneinander getrennt gedacht werden können. Alles Übernatürliche wird bei dieser Gottes- und Weltsicht abgelehnt, was Lenaers immer wieder ausdrücklich hervorhebt.
Lenaers will - wie einst Teilhard de Chardin - die überlieferte Vorstellung von Schöpfung mit der modernen Lehre von Evolution versöhnen, versteht sich als eine Art „Zauberkünstler“, der scheinbar den christlichen Glauben gegen die Ablehnung der modernen Welt immun machen kann, der ihn aber in Wirklichkeit nur verunstaltet und das Evangelium Christi radikal aushöhlt und zerstört.
Angeblich geht es um eine „Neuformulierung“. Glaubensbekenntnisse seien Formulierungen von Erfahrungen des Absoluten oder Transzendenten und als solche immer nur vorläufig und kulturbedingt.
Doch in Wirklichkeit werden mit der veränderten Formulierung den überlieferten christlichen Worten neue Inhalte gegeben bzw. sie ihres eigentlichen Sinnes entleert, obwohl christliche Ausdrücke teilweise beibehalten werden. Das haben wir im ersten Teil am Beispiel der Umdeutung von Kreuzesopfer und Realpräsenz Christi in der heiligen Messe gesehen, die Lenaers anlässlich der Vorstellung seines Buches „Der Traum des Königs Nebukadnezar - das Ende einer mittelalterlichen Kirche“ am 23. September 2008 in der Pfarrgemeinde St. Gertrud in Wien/Währing vorgelegt hat.
Roger Lenaers weist in diesem Vortrag auch selbst ausdrücklich auf die inhaltlichen Veränderungen des von ihm propagierten neuen Gottes- und Weltbildes hin, nämlich, dass sich aus „der richtigen Grundintuition der Modernität, dass es keine übernatürliche Welt gibt“ (!), „nichts weniger als der völlige Zusammenbruch“ fast aller „Artikel des Glaubensbekenntnisses“ ergibt, die er dann allerdings wieder durch die Rede von neuen „Formulierungen“ zu verdecken versucht.
Ähnliches behauptete er auch in seinem Vortrag am 14. November 2010 im katholischen Bildungshaus der Jesuiten in Lainz (Wien). Auch hier übernimmt er wieder unkritisch die Religionsauffassung der „Aufklärung“, nach deren Aussagen „Angst … die Götter erzeugt“ und der Polytheismus sich dann allmählich zum Monotheismus entwickelt hat, obwohl diese Sichtweise ganz der Heiligen Schrift und der christlichen Glaubensauffassung widerspricht, die immer die ursprüngliche Gottesebenbildlichkeit des Menschen und damit die Ur-Beziehung des Menschen zur Wahrheit und zu Gott selbst hervorhebt.
Unkritisch und ziemlich naiv ist das Argument (wie wir schon einmal gezeigt haben), dass die „modernen Wissenschaften sagen, dass der Kosmos seinen eigenen Gesetzen folge, autonom ist, nicht von außen dirigiert wird, nicht von einer anderen Welt abhängig ist“, und dass sich daraus angeblich notwendig die Grundforderung nach einem „atheistischen Christentum“ ergebe!
Lenaers beruft sich auf Dietrich Bonhoeffer, „den evangelischen Theologen aus der Hitlerzeit, der kurz vor dem Kriegsende von den Nazis in Flossenburg aufgehängt worden ist“ und der aus dem Gefängnis Spandau einmal schrieb: „’Wir sollen in der Welt leben etsi deus non daretur, als gäbe es Gott nicht… Der Gott, der uns in der Welt leben lässt ohne die Arbeitshypothese Gott, ist der Gott vor, dessen Angesicht wir fortwährend stehen’“. Bonhoeffer charakterisiert hier die scheinbare Gottverlassenheit und die scheinbare Machtlosigkeit Gottes in einer gottlosen Welt.
Lenaers gibt zu, dass er Bonhoeffer „nicht ganz richtig“ interpretiert, da dieser an anderer Stelle erklärt: „’Die Entwicklung zur Mündigkeit der Welt, die abrechnet mit einer unrichtigen Gottesvorstellung, macht den Blick frei für den Gott der Bibel, der durch seine Machtlosigkeit in der Welt Macht und Raum bekommt’“.
Lenaers hingegen lehnt das Gottesbild der Bibel „wegen seinem massiven Anthropomorphismus“ ab und „würde vielmehr sagen: macht den Blick frei für das Gottesbild der gläubigen Moderne“.
Er meint: „Erst als die Aufklärung diesen Gott-in-der-Höhe von seinem Thron gestoßen hatte, wurde Raum frei für ein anderes und besseres Gottesbild. Wie sieht dann dieses moderne und zwar zugleich christliche Gottesbild aus? Es muss atheistisch sein und daher eine Absage enthalten an alles, was mit dem Gott-in-der-Höhe zu tun hat. Das Glaubensbekenntnis und die Bibel und die Liturgie und die ganze Moral und die ganze Kirchengeschichte sind voll von Gott-in-der-Höhe. Dennoch gibt es ein solches modernes Gottesbild. Ein Zitat von Einstein zeigt, dass sogar die atheistische Moderne eine Ahnung davon hat …: ‚Spüren dass hinter allem Erfahrbaren etwas sich verbirgt, das unser Intellekt nicht zu fassen vermag, etwas, dessen Schönheit und Erhabenheit nur indirekt und wie ein schwacher Abglanz zu uns kommen, ist Religiosität. In diesem Sinne bin ich ein tief religiöser Atheist.’ Es geht um dieses ‚etwas’. Es soll nur noch in einer christlichen Perspektive erscheinen.“
Das „traditionelle, gängige Gottesbild, das des Christentums, der Kirchen“ ist nach Lenaers ein „Gott-in-der-Höhe“. Der Jesuit gibt sich mystisch und fordert den Menschen auf zum „Gehorsam gegenüber der Stimme in seiner Tiefe“, sich dem Drängen der Urliebe hinzugeben.
Doch diese Darstellung ist ideologisch verfälscht. Denn im Christentum kann man Gott in der Höhe nicht von Seiner Nähe zu uns in der Tiefe unseres Gewissens trennen. Beides, die äußeren Formen des Glaubens wie auch die innere, lebendige und liebende Beziehung zu Gott und Gottes zu uns, lassen sich im Glauben der Kirche nicht auseinander dividieren oder gegeneinander ausspielen!
Gerade das traditionstreue Christentum muss - wie die Kirche zu allen Zeiten - auch heute besonders die Gewissenstreue Gott gegenüber als den eigentlichen Mittelpunkt des sittlichen Handelns verteidigen, während der Modernismus die Beziehung zu Gott in Wahrheit leugnet (da er die Möglichkeit wahrer Erkenntnis verneint), weshalb er der bloßen Äußerlichkeit und so immer mehr oder weniger auch der Gewissenlosigkeit verfällt. Das überlieferte Gottesbild der katholischen Kirche hingegen betont die Ebenbildlichkeit des Menschen Gott gegenüber und deswegen die Vernunftgemäßheit des Glaubens samt der damit gegebenen Herausforderung zur wahren Liebe, die allerdings dort nicht gelebt werden kann, wo diese Beziehung zu Gott und zur Wahrheit geleugnet wird.
Es ist also nicht so, wie Lenaers es darstellt, als ob das überlieferte Gottesbild der Kirche verantwortlich dafür wäre, dass es „Eroberungskriege, nationalen Stolz, Menschenverachtung, Machthunger, Mord, Gewalt, Unterdrückung, Verfolgung“ auch in christlichen Gesellschaften gegeben habe.
Nicht das christliche Gottesbild war schuld, sondern die allbekannte Tatsache, dass sich die Menschen sehr oft nicht an diesem Bild der neutestamentlichen Offenbarung und an der Heiligkeit Christi orientiert haben!
Jesus Christus, der ja ungerechterweise für uns gefoltert und ermordet wurde, offenbart uns die Erhabenheit der Liebe Gottes, die über alle menschliche „Gerechtigkeit“ weit hinausreicht! In der Treue zu Christus war das Gottesbild der Kirche immer eine Herausforderung und eine Anfrage an das Gewissen und die Selbstgerechtigkeit der Menschen!
Man darf also nicht das christliche Gottesbild, das uns Christus in Seiner Menschwerdung offenbart hat, zur Ursache von menschlichem Fehlverhalten erklären, dem es ja völlig widerspricht!
War es nicht immer der Glaube der von Christus gestifteten katholischen Kirche, der die Notwendigkeit der Umgestaltung des Menschen in der Liebe Christi betont hat, die der Mensch mit Gottes Hilfe in seinem je eigenen Leben ohne Einschränkung verwirklichen soll, selbst wenn er dadurch Nachteile, ja selbst den Tod zu erleiden hätte – während die Irrlehrer immer Abstriche an dieser christlichen Grundforderung der wahren Liebe vorgenommen haben? Es war doch allein der von der Kirche vertretene Gottesglaube, der jede Gottesvorstellung in die Schranken wies, nach der es Gott nur um äußere Ehre oder äußeren Gehorsam und nicht um die Liebe ginge!
Lenaers spielt also mit falschen Karten, wenn er es so darstellt, als ob erst eine „atheistische“ Version von „Christentum“ die Liebe ermöglichen würde. Bei ehrlicher Betrachtung ist es umgekehrt: Es bedarf der Vertiefung des Glaubens, der Hoffnung und der Liebe, wie sie uns Christus gebracht hat, nicht der Zurückweisung der christlichen Überlieferung! Ohne den Blick auf Jesus Christus und ohne Treue zum Gottesbild des Evangeliums, das uns die Kirche überliefert, können wir gar nicht zur Vollendung in der Liebe gelangen, weil Gott Seine Liebe erst in Jesus Christus in der größtmöglichen – vorher unvorstellbaren! - Art und Weise geoffenbart hat, damit auch wir – mit Hilfe der Gnade des Heiligen Geistes - ebenso lieben!
Jesus Christus lehrt uns, dass die Gottesoffenbarung im Alten Testament, die sich in einer Welt vollzog, die noch ganz von der Sünde beherrscht war, noch nicht vollendet und damit auch noch sehr unvollkommen war, indem Er gegenüber dem Alten Testament immer wieder betont: „Ich aber sage Euch…!“.
Vor Jesus Christus musste der Kampf gegen das Böse noch vielfach auf äußere Gewalt zurückgreifen, wobei auch die Vorstellung von Gott und Seinem Willen noch nicht in allem klar war. Der Mensch musste die Furchtbarkeit der Sünde, die über der Erde herrschte, in all ihrer Finsternis und ihrer Furchtbarkeit durchleiden, was auch das sehnsüchtige Warten der Vorväter auf den wahren und endgültigen Messias und Erlöser erklärt und hervorgerufen hat.
Wenn Lenaers das christliche Gottesbild kritisiert, dann darf er nicht so tun, als ob das Bild Gottes in der Kirche des Neuen Testaments einfach mit dem Bild, das die Menschen im Alten Testament noch in unvollkommener Weise hatten, zusammenfällt, und als ob erst er selbst die Offenbarung der wahren Liebe bringen müsste oder könnte!
Bei genauer Betrachtung ist es eher so: Wo er Wahres sagt, schöpft er letztlich nur aus der christlichen Offenbarung, wo er diese verkürzt, geraten wie immer Glaube, Hoffnung und Liebe in Gefahr!
Zusammenfassend kann man sagen: Es ist zwar richtig, wenn man die Bedeutung der Liebe und der Innerlichkeit hervorhebt. Man sollte aber nicht wie Lenaers die Sache so darstellen, als widerspreche dies der überlieferten Lehre der Kirche, um dann unter dem Tisch seine ganz eigenen und einseitigen Lehren, die dem katholischen Glauben widersprechen, besser verkaufen zu können!
Es ist auch berechtigt, auf religiöse Intuition des Menschen hinzuweisen, allerdings nicht so, dass man die Intuition gegen die Ratio, die reflexive Vernunft, ausspielt, denn erst beide im Einklang ermöglichen wahre Erkenntnis! Die unmittelbare Schau der Intuition muss ja immer von der Reflexion eingeholt werden, damit sie überhaupt zum Bewusstsein kommen kann!
Ebenfalls ist es für einen Katholiken selbstverständlich, Gott ganz in uns und in der Schöpfung wirken zu lassen, aber man kann die Sache nicht so hinstellen, als ob Gott von Seiner Schöpfung nicht mehr getrennt gedacht werden könnte, als ob wir und die Schöpfung gottgleich („autonom“) und unsere Vernunft nicht mehr dem Willen Gottes verpflichtet gedacht werden sollten!
Nach Lenaers sollen wir uns zwar „dem Drängen der Urliebe in uns hingeben“. Das ist richtig, kann aber nicht als etwas Neues, den Glauben der Kirche Übersteigendes, dargestellt werden, da dies ja die Botschaft der Kirche selbst ist und bleibt. Das Missverständnis beginnt dort, wo er es so darstellt, als ob nur Gott in uns dann handeln würde, - und damit versteckt die Botschaft übermittelt, als ob wir selbst jeder Verpflichtung oder Verantwortlichkeit Seinem Willen gegenüber enthoben wären. Dann aber gäbe es keine Liebesbeziehung. Auch wir selbst sind zur Antwort der Liebe und zur eigenen Bemühung um das Gute gerufen.
Lenaers betont dann wieder etwas für Katholiken ganz Normales, wenn er meint: „Die Grundform des modernen Gebetes ist Bejahung des göttlichen Wirkens in uns. Es ist Hingabe, wir lassen uns vom Gott-in-der-Tiefe vereinnahmen, damit wir zu dem werden, was er in Fülle ist: liebend“. Diese Hingabe an Gottes Willen ist für das Gebet der Kirche ganz selbstverständlich!
Leider schießt Lenaers auch hier wieder über das Ziel hinaus, wenn er behauptet: „Das frühere Bittgebet, um Heilung, um Rettung aus der Not, um Regen oder um was auch, hat natürlich ausgedient. Denn es richtet sich an einen Gott droben, der zu unserem Vorteil hier unten etwas wirken soll. Nicht einmal in der Bedrängnis sollte man als moderner Christ zu einem solchen Bittgebet greifen“. Diese Haltung ist wieder nicht christlich, so fromm sie auch klingen mag, und scheint von Lenaers’ Grundthese herzurühren, dass Gott in den Lauf der Welt nicht von außen eingreifen könne! Als Christ wird man ihn fragen müssen: Wenn es wirklich Liebe ist, die uns mit Gott verbindet, warum sollten wir Ihm dann nicht auch unsere Not anvertrauen dürfen, warum sollten wir nicht auch darauf vertrauen dürfen, dass Er uns helfen kann? Warum hat uns Jesus gelehrt, im Vaterunser auch um das tägliche Brot zu bitten, warum hat Er gesagt: „Bittet, und es wird euch gegeben werden … klopft an, und es wird euch aufgetan“ (Mt. 7,7)? Jesus stellt uns Gott als jemand vor, der uns auch in unseren alltäglichen Sorgen helfen kann und will! Gott hilft uns gerne, wir sollen nur auf Ihn vertrauen und in diesem Sinn auch bereit sein, uns Seinem Willen und Seiner Weisheit zu überlassen, wenn Er einmal anders hilft, als wir uns das vorgestellt haben, weil Er besser als wir selber wissen, was zu unserem wahren Heil gereicht! Dies ist die Botschaft Jesu Christi und des Evangeliums!
Auch Lenaers’ sonstige „Botschaft“ ist eine Verzerrung des Christentums: „Aber auch um Vergebung bitten verliert jeden Sinn. Sofort erscheint der gekränkte Meister, dessen Groll man entkommen möchte. Aber Gott ist die ausströmende Liebe schlechthin. Er/Sie ist nie gekränkt und trägt nie etwas nach, das tun nur Menschen. Sehr sinnvoll dagegen bleiben das Loben und das Danken und die Anbetung. Nicht als Unterwürfigkeit sondern als unendliche Bewunderung, als maßloses Staunen“. Bitten wir nicht gerade deswegen um Vergebung, weil „Gott die ausströmende Liebe schlechthin“ ist und weil wir Ihm deswegen in Liebe und Vertrauen antworten? Wo wäre unsere Liebe, würden wir auf die Bitte um Vergebung verzichten wollen?
Wenn Lenaers behauptet, „Gott kann nicht sprechen“, und deshalb sei auch „die Bibel … nicht länger mehr ‚Wort des lebendigen Gottes’“, dann ist auch dies nur eine Wiederholung seiner These, dass Gott nicht von außen in den Lauf der Welt eingreifen könne. Richtig müsste man sagen, dass die Bibel sich nicht völlig losgelöst vom Glauben der Kirche als „Wort Gottes“ offenbaren kann, sondern dass dieses Wort nur dann richtig verstanden wird, wenn man es auch im Sinn des Heiligen Geistes auslegt, der uns von Jesus Christus geoffenbart wurde.
Und wenn Lenaers unter Ablehnung einer „Gesetzesmoral“ die „Liebesmoral“ einfordert, indem er das Lehramt der Kirche und „Gebote und Verbote“ ablehnt, dann ist auch dies wieder nur eine verzerrende Darstellung und eine missverständliche Auslegung von „Liebe“. Denn kann nicht auch die Liebe „Gebote und Verbote“ aussprechen?
Die Maxime „alles was aus selbstloser Liebe geschieht, also nicht aus Begierde oder Bedürfnis geboren wird, ist ethisch gut“, kann auch nicht als Gegenargument gegen die kirchliche Lehre und als Argument „für voreheliches Zusammenleben, für homophile Beziehungen, für Geburtenkontrolle, für Kondomgebrauch, für Wiederverheiratung“ genommen werden, da die Kirche hier gerade im Interesse der wahren Liebe Gottes Gebote verteidigt!
Dass es beim religiösen Ansatz von Lenaers letztlich nicht mehr um das Christentum geht, sondern um eine ganz andere, dem Christentum nur noch in bestimmten Formulierungen ähnliche, Lehre, sagt dieser am Ende seines vor dem Lainzer Kreis am 14. November 2010 gehaltenen Vortrags selbst sehr deutlich:
„Die Sprache der vormodernen Verkündigung können wir selbstverständlich nicht mehr verwenden, weil diese einen überholten Inhalt vermittelt, den wir nicht mehr unterschreiben. Wir sollen neue Inhalte vermitteln und dafür brauchen wir neue Worte. Begriffe wie Sünde, Sühne, Erlösung, Buße, Heil, Gnade, Reich Gottes, Fegefeuer, Wandlung, Kommunion bedeuten nichts mehr, sind nur noch Worte“(3).
Die Begriffe werden nur vorläufig umgedeutet, am Ende sollen sie ganz verschwinden und durch völlig andere „Glaubensinhalte“ ersetzt werden!
Die Frage bleibt: Wie können Christen oder gar „Katholiken“ einer solchen „Verkündigung“ im Namen eines „atheistischen Christentums“ Raum geben?
Dass die überlieferte Liturgie und der überlieferte kirchliche Glaube aus den Kirchen weitgehend ausgeschlossen worden ist, wissen wir. Wir erleben, wie immer mehr ein neuer „Glaube“ oder Unglaube“ den leeren Raum in den Herzen der Menschen eindringt. Warum unternimmt von den „Verantwortlichen“ niemand etwas dagegen? Warum erkennen sie nicht, welch großes Unrecht sich hier an den Seelen und an der Kirche Christi selbst vollzieht?
Letztlich kann nur Gott die Antwort geben. Aber Er will auch unseren Einsatz für die Wahrheit! Tun wenigstens wir das, was wir können, um die Liebe Christi auch heute sichtbar und das Leben der Kirche erfahrbar zu erhalten!
Beten wir, dass der Heilige Geist trotz aller Verfolgungen auch heute noch Raum finden kann. Er allein kann wahres Leben schenken, Er allein wird uns die wahre Liebe und das wahre Antlitz Gottes nicht aus den Augen verlieren lassen.
Wir verstehen heute immer besser, warum Maria uns schon so oft zum Gebet und zum Opfer für die gottferne Welt gerufen hat. Folgen wir diesem Ruf aus Liebe zu Christus und zu den Menschen!

Thomas Ehrenberger

(3) www.lainzerkreis.at/index.php?id=31

 

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